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Globale Gerechtigkeit für nicht-menschliche Tiere?

Lara Biehl, 25.01.2024

Milliarden von nicht-menschlichen Tieren erleben unter menschengemachten Systemen Gewalt, Unterdrückung und die Missachtung ihrer grundlegenden Bedürfnisse. Der Speziesismus - die Unterdrückung von nicht-menschlichen Tieren aufgrund ihrer Spezieszugehörigkeit - stellt fast alle Interessen von Menschen über die Interessen von nicht-menschlichen Tieren. Dies führt dazu, dass sie als Ressourcen betrachtet, gehandelt und genutzt werden und ihre natürlichen Lebensräume keinen oder nur unzureichend Schutz erhalten. Die Globalisierung hat dazu beigetragen, dass sich speziesistische Praktiken international ausgeweitet haben und mehr nicht-menschliche Tiere denn je von globalen kooperativen Systemen direkt oder indirekt betroffen sind. Damit einhergehend stellen sich neue Fragen innerhalb der Tierethik:

  • Wie wirken sich globale Institutionen, Konventionen und Wirtschaftssysteme auf nicht-menschliche Tiere aus?
  • Können nicht-menschliche Tiere in Theorien globaler Gerechtigkeit einbezogen werden?

Viele kosmopolitische Ansätze versuchen, globale Verpflichtungen zu begründen, die zur Beseitigung internationaler Ungerechtigkeiten beitragen sollen. Aber fast alle befassen sich ausschliesslich mit globalen Verpflichtungen, die Menschen dienen. Andere empfindungsfähige Lebewesen werden – wenn überhaupt – nur indirekt von Gerechtigkeitsprinzipien umfasst. Doch weshalb ist das so? Der relationale Kosmopolitismus beispielsweise, gründet Gerechtigkeitsprinzipien nicht in inhärenten Fähigkeiten des Menschen, sondern in geteilten politischen, wirtschaftlichen sowie sozialen Institutionen und Beziehungen. Doch auch nicht-menschliche Tiere sind von internationalen Institutionen und Beziehungsnetzen betroffen. Es muss untersucht werden, inwiefern somit auch sie unter Gerechtigkeitsprinzipien fallen. Im vorliegenden Text werden die Hauptthesen des relationalen Kosmopolitismus vorgestellt und anschliessend auf nicht-menschliche Tiere angewandt. Ich argumentiere, dass a.) transnationale Beziehungen speziesistische Strukturen und Institutionen global reproduzieren und b.) auch nicht-menschliche Tiere in den gerechtigkeitsstiftenden Relationen stehen.

Teil 1. Der relationale Kosmopolitismus

Charakteristisch für kosmopolitische Theorien ist die Auffassung, dass moralische Verpflichtungen und Gerechtigkeitsprinzipien nicht bei nationalstaatlichen Grenzen Halt machen. Globale Beziehungsnetze und ökonomische Interdependenzen haben Veränderungen in gesellschaftlichen Verhältnissen vieler Regionen ausgelöst oder begünstigt. Diese Entwicklungen können dazu führen, dass sich unser Verständnis der Tragweite moralischer Verpflichtungen ändert.1 Relationale kosmopolitische Ansätze gründen Gerechtigkeit in geteilten politischen, ökonomischen oder sozialen Assoziationen und Beziehungen. Sie weisen einen praktischen Bezug auf; es müssen gewisse Relationen und Beziehungen zwischen Individuen bestehen, die gerechtigkeitsstiftend sind.2

Relationale Ansätze müssen aber nicht per se zu einer internationalen Theorie der Gerechtigkeit führen, denn dazu braucht es zusätzliche Argumente, die festlegen, dass globale Relationen moralisch relevant sind. Vertreter:innen nationalistischer Theorien argumentieren beispielsweise, dass die gerechtigkeitsstiftenden Relationen nur innerhalb eines geografisch eingegrenzten Gebietes bestehen – wie innerhalb einer Nation oder Union - nicht aber auf globaler Ebene.3 Die relevanten Relationen für Prinzipien der Gerechtigkeit gründen gemäss Nationalist:innen in der Zustimmung rationaler und moralischer Akteure, Freiheiten aufzugeben, um Sicherheiten zu erlangen. Da Mitbürger:innen eines Staates ihre Freiheit zu gleichen Teilen aufgeben müssen, haben sie mehr Verpflichtungen gegenüber sich selber als gegenüber Bürger:innen anderer Nationen.4 In solch einem Verständnis von Gerechtigkeit sind diejenigen Relationen gerechtigkeitsstiftend, die Reziprozität (Wechselseitigkeit) verlangen und die Verteilung von Gütern gewährleistet.

Es ist nun wichtig zu analysieren, wie Vertreter:innen des relationalen Kosmopolitismus, entgegen dem eben aufgeführten Argument, eine Ausdehnung der Gerechtigkeitsprinzipien über Nationalstaatsgrenzen hinaus begründen. Thomas Pogge zum Beispiel, versucht aufzuzeigen, dass wir eine Reihe von Prinzipien auf nationaler Ebene annehmen, die – sofern sie konsistent angewendet werden – auch global gelten müssen. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Die meisten Menschen akzeptieren folgendes Prinzip innerhalb eines Staates: «soweit vernünftigerweise möglich, muss eine Wirtschaftsordnung so aufgebaut sein, dass sie eine Verteilung von Gütern garantiert, die die Grundbedürfnisse ihrer Teilnehmer:innen stillen kann».5 Wenn eine Wirtschaftsordnung fähig ist, die Grundbedürfnisse ihrer Bürger:innen zu gewährleisten, dies aber nicht tut, weil eine mächtige Elite sich lieber mit Gütern bereichert, würden wir diese Wirtschaftsordnung als ungerecht einstufen. Wir tun dies, weil wir davon ausgehen, dass Institutionen haftbar gemacht werden können, wenn sie es versäumen, basale Grundrechte von Personen einzuhalten.

Pogge argumentiert nun, dass es zwei Kriterien gibt, die evaluiert werden müssen, um zu beurteilen, ob eine Institution verantwortlich für einen sozialen Missstand ist. Er bedient sich dabei am Beispiel der Armut. Das erste Kriterium ist ein beurteilendes: Es muss gefragt werden, inwiefern institutionelle Veränderungen in der Lage wären, Armut zu verhindern. Wenn diese Veränderungen möglich wären, aber willentlich nicht implementiert werden, handelt es sich um eine Ungerechtigkeit. Das zweite Kriterium ist ein kausales: Damit wird beurteilt, ob die Institution kausal verantwortlich an der Armut ist. Sofern sie das ist, hat sie eine Verpflichtung, diesen Zustand zu beheben. In einem nächsten Schritt versucht Pogge zu zeigen, dass eine Evaluation globaler kooperativer Systeme und Institutionen nach den aufgeführten Kriterien zur Erkenntnis führen, dass globale Institutionen kausal verantwortlich für viele Missstände in der Welt sind und genügend Ressourcen vorhanden wären, um eine gerechte Verteilung zu garantieren.6 Im folgenden Abschnitt wird dieses Argument näher erläutert.

Relationaler Kosmopolitismus: Globale Abhängigkeiten als gerechtigkeitsstiftende Relationen - Beispiel Rohstoffhandel

Beitz sowie Pogge identifizieren die Marktwirtschaft sowie das Wachstum von internationalem Investment und Handel als eine der Hauptfaktoren, die zu globaler wechselseitiger Abhängigkeit zwischen Staaten führen und die Leben einzelner Menschen gravierend beeinflussen. Die Notwendigkeit der Ausdehnung der Gerechtigkeitsprinzipien wird in dem Fakt angesiedelt, dass internationale Interdependenzen und globale kooperative System Mitursache und -verstärker an vieler globalen Ungerechtigkeiten sind.1 Hierzu gibt es viele Beispiele – ein wichtiges davon ist die internationale Verlagerung der Produktion. Viele grosse Konzerne und Firmen investieren in ihrer Produktionskette nicht mehr nur in inländische Produktions- und Vertriebsstätte, sondern siedeln dort an, wo der Markt für ihr Produkt die besten ökonomischen Voraussetzungen darstellt (z.B. günstige Produktion durch günstigste Arbeitskräfte).7

Die Schweiz beispielsweise ist einer der grössten Rohstoffhändler und wichtigster Rohstoffhandelsplatz der Welt, wobei die gehandelten Rohstoffe weder aus der rohstoffarmen Schweiz stammen noch die Schweiz physisch durchqueren.8 Die in der Schweiz niedergelassenen Rohstofffirmen werfen jährlich Milliardenprofite ab. Sie werden aber immer wieder angeprangert, instabile nationale Verhältnisse innerhalb der rohstoffreichen Länder auszunutzen und somit die dort vorherrschende Armut, Menschenrechtsverletzungen sowie die Zerstörung und Verschmutzung der Umwelt zu begünstigen und mitzuverursachen.9 Viele der rohstoffreichsten Länder weisen gleichzeitig auch die höchsten Quoten der an Armut leidender Menschen auf. Die Diskrepanz zwischen reichhaltigen Ressourcen und tiefer Lebensqualität kann laut der UNO nicht nur auf Korruption oder fehlende Gesetzgebungen innerhalb der betroffenen Nationen zurückgeführt werden, sondern hängt stark vom Verhalten verschiedener Investoren ab, die die instabile Situation ärmerer Staaten oder Menschen ausnutzen.10

Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Da in Folge der Rohstoffkrise in den 1990er Jahren der Bergbau auf Druck der Weltbank und des IWF privatisiert worden ist, waren multinationale Konzerne im Stande, rohstoffreiche Minen im Ausland zu kaufen. Dies führte dazu, dass die daraus gewonnen Gewinne nicht in Entwicklungsländer reinvestiert wurden, sondern in reichere Länder flossen.11 Ermöglicht wurde dies, weil viele Entwicklungsländer – historisch durch den Kolonialismus und seine Folgen bedingt – bis heute schlechtere Verhandlungspositionen einnehmen und in finanzieller Abhängigkeit zu Industrienationen oder globalen Institutionen wie der Weltbank stehen. Diese Abhängigkeit hat dazu geführt, dass Industrienationen sich eine vorteilhafte wirtschaftliche Position im globalen Markt sichern konnten, indem sie früheren Kolonialstaaten wirtschaftliche Richtlinien aufsetzten, damit sie beispielsweise Kredite von der Weltbank beziehen durften.12

Globale Abhängigkeiten haben dazu beigetragen, dass sich durch internationale Abkommen und wirtschaftliche Kooperationen globale Armut verschärft hat. Pogge argumentiert, dass globale Institutionen und Industrienationen die Möglichkeit hätten, eine faire Verteilung von Gütern zu gewährleisten, sie dies aber nicht tun, da aus den unausgeglichenen internationalen Machtverhältnissen Profite geschlagen werden. Ausserdem zeigen diese Beispiele, dass korrupte oder instabile Regierungen ärmerer Länder nicht alleinig für die Armut verantwortlich gemacht werden können, da globale historische und wirtschaftliche Faktoren zu dieser Entwicklung beitragen.13 Wohlhabende Nationen sind somit massgebend an der Entstehung und Aufrechterhaltung von globaler Armut beteiligt: «[they] are imposing a global institutional order that foreseeably and avoidably reproduces severe and wide- spread poverty».14

Nun kann auch noch ein wenig genauer ausgemacht werden, wie für Pogge und Beitz gerechtigkeitsstiftende Relationen aussehen. Wichtig zu bemerken ist, dass das Kriterium der Reziprozität in den Hintergrund rückt. Die auf Zustimmung und Reziprozität basierenden Beziehungen sind global aus mehreren Gründen nicht in derselben Form existent wie national. Innerhalb der «globalen Weltordnung» gibt es keine übergeordneten, globalen Institutionen, die exakt dieselben Aufgaben erledigen oder dieselbe Form des Zwangs hervorrufen wie diejenigen innerhalb Nationalstaaten. Selbst die grössten globalen Institutionen wie die UNO, die WTO oder der IMF umfassen nicht alle Staaten der Welt.15 Dem sind sich auch Vertreter eines kosmopolitischen relationalen Ansatzes bewusst.16 Charles Beitz beispielsweise, versucht die relevanten Relationen über den Begriff der «internationalen Vernetzung» zu definieren: «there is an array of processes and institutions through which states and other political actors attempt to influence one another which, directly or indirectly, affect the prospects of the persons which live within their scope.»17 Da nicht nur Institutionen relevant sind, sondern auch globale Prozesse, dehnen sich die relevanten Relationen aus, da eine Betrachtung jetziger globaler Zustände zeigt, dass gewisse Menschen gar nicht in der Lage sind, globale Strukturen mitzugestalten oder eine Veränderung einzufordern. Pogge erwähnt, dass je weniger Menschen in der Lage sind, sich gegen vorherrschende Gesetze oder Strukturen zu wehren - sei es weil sie keine Bildung erhalten haben, physisch oder psychisch nicht in der Verfassung sind oder stark mit dem eigenen Überleben beschäftigt sind - desto wahrscheinlicher ist, dass keine Anreize bestehen, ihre Interessen zu schützen. Nationale Gesetze armer Länder sind deshalb oft lückenhaft oder nicht auf das Wohle der ärmeren Bevölkerung ausgelegt, da reziproke Menschen oder Interessengruppen wie ausländische Touristen oder Firmen, die zu Gegenleistungen fähig sind, bevorzugt werden.18

Daraus können zwei Thesen abgeleitet werden, die integral für relationale kosmopolitische Theorien sind:

These I: Gerechtigkeitsstiftende Relationen liegen in wirtschaftlichen, sozialen und politischen Abhängigkeiten, die Individuen miteinander teilen und ihre Leben beeinflussen.19

These II: Die Primärverantwortung liegt bei Staaten und multinationalen Konzernen, während Personen Empfänger von Gerechtigkeitsprinzipien sind.

Teil 2. Relationaler Kosmopolitismus und die Frage nach globaler Gerechtigkeit für nicht-menschliche Tiere

Nicht-menschliche Tiere sind Subjekte moralischen Belangens - sie besitzen Eigenschaften, aufgrund deren wir annehmen, dass man sie beispielsweise nicht grundlos schädigen, weil ihre Schädigung mit negativen subjektiven Empfindungen verbunden ist.20 Der Grund, weshalb wir diese Bedenken bei materiellen Dingen nicht haben, ist, weil nicht-menschliche Tiere viele Fähigkeiten mit Menschen teilen, die relevant für eine moralische Berücksichtigung sind. Leidensfähigkeit und intentionale Zustände sind Beispiele dafür.21 Dass nicht-menschliche Tiere von moralischem Belangen sind, sagt noch nichts darüber aus, inwiefern sie in relationalen kosmopolitischen Konzeptionen Empfänger von Gerechtigkeitsprinzipien sind. Die Feststellung ist aber wichtig, um aufzuzeigen, dass unsere Relation zu nicht-menschlichen Tieren eine andere ist als zu nicht-empfindungsfähigen Objekten, da die phänomenalen Zustände nicht-menschlicher Tiere in Abhängigkeit von externen Faktoren stehen. Dies dient als Ausgangslage für die nachfolgenden Überlegungen.

Die Leben vieler nicht-menschlichen Tiere werden von globalen wirtschaftlichen und politischen Institutionen und Beziehungen gravierend beeinträchtigt.

Oftmals umfassen Gerechtigkeitsprinzipien nur Menschen. Diesem Zustand ist in relationalen Theorien meistens das Kriterium der Reziprozität geschuldet. Weil nicht-menschliche Tiere keine moralischen Akteure sind - das heisst keine moralischen Pflichten anerkennen und ausführen können - sind sie nicht im Stande an einer spezifischen Art der wechselseitigen sozialen Kooperation teilzunehmen. Aber dies ist nicht umbedingt notwendig, um Gerechtigkeit zu erhalten, sondern wie bereits gezeigt wurde, sind diejenigen Relationen gerechtigkeitsstiftend, die dazu im Stande sind, die Leben von Individuen weitgehend zu beeinflussen. Der folgende Abschnitt wird dies näher beleuchten.

Allem voran domestizierte nicht-menschliche Tiere sind Teil eines kooperativen Systems, da wahrscheinlich alle von ihnen mit der Intention zur Welt gebracht wurden, mit Menschen zu kooperieren und ihnen gewisse Dienste zu leisten. Milliarden von «Nutztieren» wird ihr Fleisch, ihre Haut oder ihre Körperflüssigkeiten entnommen, um Menschen damit zu ernähren. Nicht-menschliche Tiere werden für Experimente eingesetzt, woraus sich (angeblich) medizinischer Fortschritt gewinnen lassen soll, der wiederum Menschen dient. «Haustiere», die am öffentlichsten in menschliche Gemeinschaften eingeschlossen werden, nehmen eine Begleitfunktion ein. Viele Hunde beispielsweise sind zudem in Berufen tätig – als Begleittiere für blinde Menschen, als Wachhunde, zur Polizeiarbeit oder im Militär.22

Die Kooperation mit nicht-menschlichen Tieren ist in den allermeisten Fällen einseitig, aufgezwungen und nicht auf Zustimmung und Freiwilligkeit der nicht-menschlichen Tiere basierend. Da sie keine Fähigkeit zur Reziprozität aufweisen, können sie nicht über diese Zustände verhandeln. Dies kann aber kein Kriterium für den Ausschluss von nicht-menschlichen Tieren aus globalen relationalen Gerechtigkeitsprinzipien darstellen. Die gerechtigkeitsstiftenden Relationen können in einer globalen Theorie der Gerechtigkeit nicht ausschliesslich auf Reziprozität gründen, da viele Menschen nicht fähig sind, an politischen Prozessen teilzuhaben, sondern auf Hilfe angewiesen sind. Pogge und Beitz identifizieren die Ungerechtigkeit der globalen Wirtschaftsordnung genau in dem Fakt, dass die von ihr betroffenen Personen keine Möglichkeit haben, globalen Prozessen zuzustimmen oder sie zu beeinflussen.23

Auch nicht-menschliche Tiere können nicht zustimmen, ob sie in Massentierhaltungsanlagen festgehalten werden wollen oder nur existieren, um menschlichen Zwecken zu dienen – wir haben aber gute Gründe anzunehmen, dass sie diese Zustände vermeiden würden, wenn ihnen eine Chance dazu gelassen wird. Wenn Pogge und Beitz davon ausgehen, dass auf internationaler Ebene die Hauptverantwortlichkeit zur Verbesserung institutioneller Abmachungen bei den Staaten liegt, weil Individuen nicht fähig sind, ungerechte globale Ordnungen zu beeinflussen, sie aber Empfänger dieser Verbesserungen sein sollen, stellt sich die Frage, warum somit nicht auch nicht-menschliche Tiere Empfänger von Gerechtigkeit sein können, da auch sie darunter leiden, in Relation mit uns zu stehen und machtlos gegenüber der Auferlegung gewisser Ordnungen sind.

Das heisst: Wenn gerechtigkeitsstiftende, globale Relationen darin bestehen, dass sie das Leben von Individuen – teilweise signifikant – schlechter oder besser gestalten können, können unter Umständen auch nicht-menschliche Tiere unter sie fallen, da ihre Ausbeutung sowie die von Ressourcen und Lebensräumen in direkter Relation zu ihrem Wohlbefinden stehen und ihnen ein gutes Leben verunmöglichen. Ich werde nachfolgend eine kleine Auswahl an Beispielen aufführen, die aufzeigen, inwiefern globale Institutionen und Beziehungen das Leben von nicht-menschlichen Tiere negativ beeinflussen können.

Mensch-Tier Relationen: Die Globalisierung des Speziesismus und die Folgen für nicht-menschliche Tiere

Der globale Hunger nach dem Fleisch und den Sekreten nicht-menschlicher Tieren unterliegt dem System des Speziesismus – der Unterdrückung nicht-menschlicher Tiere aufgrund ihrer Spezieszugehörigkeit, der sich auch in verschiedenen globalen Systemen und Institutionen niederschlägt. Globalisierung und wirtschaftliche Vernetzung haben dazu beigetragen, dass diese Auffassung über den Wert nicht-menschlicher Tiere – als hierarchisch dem Menschen untergeordnet und folglich in fast in jeder Hinsicht «nutzbar» – exportiert und von globalen Strukturen gefördert wurde. Die globale Verteilung von Ressourcen hat zwei wichtige Auswirkung auf viele nicht-menschliche Tiere. Einerseits werden nicht-menschliche Tiere selbst als Ressourcen betrachtet. Dies hat zur Folge, dass ihre Lebensbedingungen von Profit- und Produktionsdruck abhängig sind. Andererseits haben menschengemachte Probleme mit globaler Auswirkung – wie der Klimawandel oder die Rodung des Regenwaldes – einen Einfluss auf zahlreiche freilebende nicht-menschliche Tiere. Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen:

Bereits zu Beginn des Kolonialismus mussten viele indigene Bevölkerungsgruppen, die das Töten bzw. Jagen von nicht-menschlichen Tieren lediglich zum Überleben ausübten, ihr Territorium an Siedler abgeben. Das neu ergatterte Land wurde von Siedlern genutzt, um darauf Schlachthäuser, Zuchtanlagen und Zoos zu bauen. Diese Einrichtungen waren der indigenen Bevölkerung unbekannt. Die Umstrukturierung des Landes seitens der Siedler – vor allem die landwirtschaftliche Nutzung – sollte dazu dienen, Profite zu steigern und die Nutzung von nicht-menschlichen Tieren auch ausserhalb des Siedlerstaates günstiger zu praktizieren24: «Anthropocentrism is […] a politics of space whereby land is commodified and privatized for animal agriculture».25 Entwicklungen dieser Art haben nach der Kolonialzeit nicht Halt gemacht. Nach dem zweiten Weltkrieg beispielsweise, wurden subventionierte, aber nicht verwendete und überproduzierte Tiernahrungsmittel aus den USA in Entwicklungsländer als Teil des internationalen Hilfeprogramms verfrachtet. Dies hatte zur Folge, dass sich das Ernährungsverhalten der lokalen Bevölkerung änderte und mit einheimischen Nahrungsmittelproduzenten konkurrierte. Da die industrielle und intensive Zucht und Schlachtung nicht-menschlicher Tiere vorher nicht existent waren, wurden neue Märkte konstruiert.26 Die USA förderte diese Geschehnisse gezielt, um ärmeren Staaten weiterhin ihr Getreide absetzen zu können. Konsequenzen hatte dies nicht nur die Ausbeutung nicht-menschlicher Tiere, sondern bewirkte auch, dass die betroffenen Länder in eine grössere Abhängigkeit zu den Getreidelieferungen der USA gerieten: «Thus, non-human animals have become increasingly integral to much of the global economy as part of Western cultural expansion and deliberate food dependency.»27

Ausserdem gibt es keine globalen Institutionen, die die Interessen von nicht-menschlichen Tieren wahrnehmen – sie haben sogar einen gegenteiligen Effekt. Die WTO, die globale Handelsbestimmungen regelt, wird immer wieder kritisiert, progressive Veränderungen in nationalen Tierschutzgesetzen zu verhindern. Die WTO lässt zwar zu, dass Mitgliedstaaten «grausame Farmpraxis» innerhalb der eigenen Grenzen verbieten können und selbst bessere Bedingungen für nicht-menschliche Tiere implementieren dürfen, es darf aber kein Importverbot von Produkten aus der abgelehnten «grausamen» Praxis resultieren. Dies führte unter anderem dazu, dass die geplante Reform der EU, die Lebensbedingungen für Masthühnern zu verbessern, nicht umgesetzt wurde. Die EU fürchtete sich zu fest davor, dass die geplante Reform höhere Kosten verursachen und dass billige Produzenten ausserhalb der EU an Signifikanz gewinnen würden, was die tierischen Erzeugnisse von Bauern von Mitgliedsstaaten unrentabel machen könnten.28 Eine weitere globale Institution, die World Organisation for Animal Health (OIE), hat zwar einige Vorschriften zur Haltung von nicht-menschlichen Tieren, die für ihr Fleisch getötet werden, sie sind aber so vage und limitiert, dass fast alle bereits existierenden Praktiken zugelassen werden.29

Nicht nur der Handel mit dem Fleisch von nicht-menschlichen Tieren hat sich durch die Globalisierung beschleunigt. Viele freilebende nicht-menschliche Tiere werden durch menschengemachte Systeme beeinflusst. Auch dies schlägt sich in globalen Strukturen nieder - und globale Institutionen sind oftmals nicht in der Lage, signifikante internationale Veränderung zu bezwecken. CITES beispielsweise, die Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora, ist eine internationale Handelskomission, die zum Ziele hat, Pflanzen- und Tierpopulation und deren Handel zu regulieren.30 Norwegen nimmt eine Führungsposition bei CITES ein und spendet 40% der global investierten Fördergelder, um den Regenwald zu schützen, die dann an Länder wie Brasilien oder Kolumbien gehen.31 Während Norwegen den Artenschutz von Tigern und Elefanten in Abkommensländern des globalen Südens unterstützt, steht Norwegen immer wieder in der Kritik, den Artenschutz innerhalb der eigenen Grenzen nicht einzuhalten und der der Jagd nach gefährdeten Grauwölfen sowie dem Töten von Walen kein Ende setzen zu wollen.32 Auch CITES ist auf diesen Umstand aufmerksam geworden und hat Norwegen mit einer Busse belegt, die aber für Norwegen so gering war, dass damit keinen Zwang ausgelöst werden konnte, den Schutz freilebender nicht-menschlicher Tiere im eigenen Land zu sichern. Die Intentionen Norwegens sich global als Tier- und Artenschützer zu präsentieren, hat aber noch andere Gründe; nämlich sich von der internationalen Kritik der eigenen Ölindustrie, die substanzielle Folgen auf den Klimawandel und auf das Leiden nicht-menschlicher Tiere hat, abzuschirmen: «Norway’s actions represent neo-colonialism in seeking to influence the environmental politics of Southern countries in the pursuit of national interests».33 Zudem ist Norwegen ein Investor von Brasiliens grösstem Fleischhersteller JBS – der Hauptverursacher für die Abholzung des lokalen Regenwaldes.34

Die Beispiele zeigen, dass internationale Abkommen wie das CITES erstens nicht über genügend Mittel verfügen, Abkommenspartner haftbar zu machen und zweitens nicht garantieren können, dass die Partner nicht in Firmen oder Sektoren investieren, die Teil des Problems sind, das sie eigentlich zu bekämpfen versuchen. Aber selbst wenn internationale Abkommen oder Institutionen in der Lage wären, eine Verbesserung der Lebensverhältnisse für ausgebeutete nicht-menschliche Tiere zu erzwingen, würde das immer noch bedeuten, dass sie als Wirtschaftsgüter betrachtet und ihre Interessen nicht ihretwillen geschützt werden. Die WTO, die OIE sowie CITES sind speziesistische Institutionen, deren Gesetze oder Regulierungen nicht darauf ausgelegt sind, die Interessen von allen nicht-menschlichen Tieren zu repräsentieren, sondern von ihrer Ausbeutung zu profitieren oder nur gewisse nicht-menschliche Tiere zu favorisieren. Die laschen und speziesistischen internationalen Gesetze zum Tierschutz sind Teil des Problems, weil sie die Unterdrückung nicht-menschlicher Tiere global reproduzieren, legitimieren, Reformen aufhalten oder keine erzwingen können.

Mensch-Tier Relationen: Sich überschneidende Ungerechtigkeiten

Die Globalisierung der Ausbeutung nicht-menschlicher Tiere hat auch Auswirkungen auf Ungerechtigkeiten, die Menschen betreffen. Pogge verweist auf den Missstand, dass vor allem Menschen, die im globalen «Westen» leben, eine Besitzasymmetrie herbeiführen. Dies ist auch bei unserem zeitgenössischen Nahrungsmittelsystem der Fall, dessen ineffiziente Verteilung von Ressourcen verheerende Folgen für Menschen und nicht-menschliche Tiere darstellt. Ein Beispiel für diese ineffiziente Verteilung ist die Tatsache, dass circa die Hälfte der weltweiten Getreideernten dazu verwendet werden, nicht-menschliche Tiere zu füttern.35 Zwei Drittel aller «Nutztiere», die für den menschlichen Verzehr getötet werden, werden in Massentierhaltungsanlagen gehalten, wo sie auf Kraftfutter angewiesen sind, das zum Grossteil aus Soja hergestellt wird. Von 2000 bis 2016 hat sich der internationale Sojamarkt fast verdoppelt, weil die erhöhte Nachfrage nach tierischen Produkten in China stark zugenommen hat.36 Soja wird wiederum vor allem in ärmeren Ländern angepflanzt – einer der Hauptgründe für die Rodung grosser Waldflächen in Brasilien, was nicht nur viele nicht-menschliche Tiere heimatlos macht oder ihren Tod herbeiführt, sondern auch zu zahlreichen Konflikten zwischen indigenen Bevölkerungsgruppen und multinationalen Konzernen geführt hat.37

Die Folgen von Rodungen, Umweltverschmutzungen sowie der Veränderungen des Klimas, für die die industrielle Tierhaltung Mitverantwortung trägt, sind am härtesten für die ärmsten Menschen der Welt – sowie für nicht-menschliche Tiere – spürbar. Vor allem «westliche» Länder sind Spitzenreiter, was den Konsum von Fleisch und Milchprodukten pro Kopf angeht, dieser wird aber – wie die Entwicklungen in China zeigen – zunehmend globalisiert.38 Der unzureichende Schutz natürlicher Habitate, der nicht nachhaltige Anbau von Getreide sowie das Wohlergehen der ausgebeuteten nicht-menschliche Tiere findet in internationalen Institutionen ebenfalls nur minime Beachtung. Dem ist einerseits so, weil der Handel mit Soja ein lukratives Geschäft für Tierzüchter in Industrienationen darstellt und andererseits, weil Brasilien den Anbau von Soja als innerstaatlichen Fortschritt verbucht.39 Durch die unterschiedlichen Produktions- und Vertriebsorte gibt es keine einheitliche Regulierungen. Die WHO, die World Bank und weitere Institutionen tragen zu dem Problem bei, indem der Weltmarkt weniger anstatt mehr reguliert wird, womit sie «[…] only strengthen the corporate status quo controlling the world’s food» und somit auch die Leben empfindungsfähiger Nicht-Menschen und an Hunger leidender Menschen kontrollieren.40

Gerade was die globale Verteilung von Nahrung angeht, gibt es Parallelen zwischen dem Leiden von nicht-menschlichen Tieren und Menschen. Nicht-menschliche Tiere unterliegen Gewalt und Qualen, weil ihre Körper und Leben lediglich als Güter betrachtet werden. Sie werden gezüchtet, um mehr Leistung zu erbringen, was ihnen wiederum physisch schadet. Historische Ereignisse und internationale Handelsbeziehungen haben die globale Ausbeutung von nicht-menschlichen Tieren beschleunigt, indem ihre Zucht und ihr Handel ein lukratives Geschäft bildet, das auch von globalen Institutionen toleriert oder sogar geschützt wird. Gleichzeitig stellt die «Globalisierung des Fleischkonsums» eine der grössten Hürden dar, extreme Armut, Hunger und den voranschreitenden menschengemachten Klimawandel zu bekämpfen.41 Dies bildet ein komplexes Netz von globalen Relationen, von denen einige Nationen und Konzerne finanziell profitieren, nicht-menschliche Tiere und viele Menschen aber noch vulnerabler werden lassen.

Ergebnisse: Der speziesistische Doppelstandard.

Diese empirischen Daten erlauben uns darauf zu schliessen, dass globale – allem voran ökonomische – Entwicklungen, einen signifikanten Einfluss auf nicht-menschliche Tiere haben. Da eine klare Relation zwischen den oftmals düsteren Schicksalen von zahlreichen nicht-menschlichen Lebewesen und globalen Institutionen und Systemen besteht, müssen auch sie von Gerechtigkeitsprinzipien geschützt werden. Wir haben genügend Ressourcen, um auch eine faire Verteilung von Ressourcen an nicht-menschliche Tiere zu gewährleisten; indem wir sie selber nicht als Ressourcen züchten und gebrauchen und indem wir natürliche Lebensräume von ihnen respektieren. Es ist deshalb unklar, inwiefern der relationale Kosmopolitismus nicht auch institutionelle Abmachungen einfordern soll, die die Interessen von nicht-menschlichen Tieren schützen. Wenn relationale Theorien soziale Kooperation und Vernetzung als relevantes Kriterium für den Umfang von Gerechtigkeitsprinzipien definieren, aber diese dann neutral gegenüber Strukturen und Institutionen sind, die das Leben von nicht-menschlichen Tieren beeinträchtigen, scheint auch dies ein Doppelstandard darzustellen.

Pogges Vorwurf des Doppelstandards betrifft die Anwendung moralischer Prinzipien auf nationale aber nicht globale Institutionen, was zu einer «[…] arbitrary discrimination in favor of affluent societies and against the global poor» herbeiführt.42 Eine Erklärung dieser Diskriminierung ist dass ökonomische Ungerechtigkeiten in der eigenen Nation härter verurteilt werden als global. Dies reicht aber nicht als Verteidigung einer territorial eingeschränkten relationalen Theorie aus. Pogge geht davon aus, dass die Beweislast bei denjenigen liegt, die den Doppelstandard befürworten: «we owe the global poor an account of why we take ourselves to be entitled to impose upon them a global economic order in violation of the minimal moral constraints we ourselves place on the imposition of any national economic order.»43

Da globale Strukturen und Institutionen ökonomische Ungleichheiten fördern, brauchen wir eine gute Erklärung, inwiefern wir den in Armut getriebenen Personen keine Verpflichtungen schulden. Pogge geht weiter davon aus, dass wir das bei einer solch extremen und weitreichenden Form der Ungerechtigkeit nicht können, ohne uns auf arbiträre Merkmale für moralische Berücksichtigung zu stützen (wie z.B. Staatsgrenzen).43

Ein ähnlicher Doppelstandard kann nun auch abgeleitet werden, wenn nicht-menschliche Tiere nicht in globale relationale Theorien der Gerechtigkeit einbezogen werden, nur, weil sie keine Menschen sind. Nicht-menschliche Tiere gehören, wie von starker Armut betroffene Menschen, zu den vulnerabelsten Lebewesen dieser Welt. Ihr Wohlbefinden steht in signifikantem Masse in Relation zu Handlungen von Menschen – national sowie global. Sie sind deshalb besonders vulnerabel, weil es weder national noch global Gesetze gibt, die ihre Interessen ernsthaft widerspiegeln. Eine relationale kosmopolitische Theorie zu vertreten, bedeutet, dass gegenseitige Vernetzungen moralisch relevant sind und Verpflichtungen für diejenigen generieren, die in der Lage sind, globale Prozesse zu formen. Weshalb können nicht-menschliche Tiere nicht auch Individuen sein, denen gegenüber Staaten Verpflichtungen haben?

Denn auch die zwei Kriterien, die Pogge aufgeführt hat, damit eine globale Ordnung für eine Ungerechtigkeit verantwortlich gemacht werden kann, werden im Falle der nicht-menschlichen Tiere erfüllt. Es wäre vermeidbar, nicht-menschliche Tiere auszubeuten, weil ihre Ausbeutung eine Doppelbelastung bedeutet: Einerseits werden die Leben von Individuen instrumentalisiert und missbraucht, andererseits wird die Umwelt belastet und Ressourcen verschwendet. Wir würden einer fairen Verteilung von Nahrung wahrscheinlich näherkommen, wenn wir Nahrung und Getreide so direkt und effizient wie möglich nutzen. Gerade in den Teilen der Welt aber, wo eine pflanzliche Ernährung am einfachsten möglich wäre, wird am meisten Fleisch konsumiert. Es wäre auch vermeidbar, ihre Lebensräume zu zerstören und ihnen – als Mitlebewesen dieses Planeten – Ressourcen zu überlassen. Auch das Kausalitätskriterium wird erfüllt. Obwohl – simultan zum Beispiel der Armut – der Speziesismus Teil von nationalen Institutionen ist, wird er durch globale Strukturen verstärkt, weiterverbreitet oder gefestigt. Die industrielle Landwirtschaft schreitet weiter voran, da die globale Nachfrage nach Billigfleisch wächst. Industrienationen suchen neue Absatzmärkte für Fleisch und Milchprodukte, um Geld in ihrer Produktionskette zu sparen, was wiederum internationale Abhängigkeiten erzeugt. Zudem sind internationale Institutionen nicht in der Lage, konsequent für den Schutz freilebender nicht-menschlicher Tiere einzustehen, wie das Beispiel von CITES zeigt.

Es scheint sich um einen Doppelstandard zu handeln, wenn die moralisch relevante Vernetzung nicht über die menschliche Spezies hinausreichen kann. Wie in den vorherigen Abschnitten gezeigt wurde, erleben Milliarden empfindungsfähiger nicht-menschlicher Tiere Beengung, Folter, den Verlust von Heimat und Familie und den eigenen frühzeitigen Tod, genau weil sie in gewissen Relationen zu Menschen stehen. Sie auszuschliessen, nur weil sie keine Menschen sind oder keine Verpflichtungen wahrnehmen können, würde zu einer arbiträren Diskriminierung von allen hinreichend empfindungsfähigen Nicht-Menschen führen – zu Gunsten von Menschen und Staaten, die sich mit dem Besitz ihrer Leben Profite erschliessen. Analog dem Beispiel von Pogge bezüglich der Armut kann die Beweislast auf relationale kosmopolitische Theorien gelegt werden, die versuchen, hinreichend empfindungsfähige nicht-menschliche Tiere von Gerechtigkeit auszunehmen. Wir sind nicht-menschlichen Tieren eine Erklärung schuldig, warum wir uns für berechtigt halten, ihnen eine globale Wirtschaftsordnung aufzuzwingen, die gegen die minimalen moralischen Beschränkungen verstösst, die wir uns für uns Menschen auferlegen würden.


  1. Beitz, Charles, Cosmopolitanism and Global Justice, in: The Journal of Ethics, Bd. 9, Nr. 1/2, S.11-27, hier S. 13 – 15.
  2. Sangiovanni, Andrea, Justice, Reciprocity, and the State, in: Philosophy & Public Affairs, Bd. 35, Nr. 1, 2007, S. 3 – 39, hier S. 6.
  3. siehe z.B.: Blake, Michael, Distributive Justice, State Coercion, and Autonomy, in: Philosophy and Public Affairs, Bd. 30, Nr. 3, S. 257 – 296, hier z.B. S. 280.
  4. Rawls, John, Legal Obligation and the Duty of Fair Play, in: Hook, Sidney, Law and Philosophy, New York 1964, S. 3 – 35, hier S. 9f.
  5. Pogge, Thomas, World Poverty and Human Rights, Cambridge 2002, S. 96.
  6. Pogge, Thomas, Moral Universalism and Global Economic Justice, in: Politics, Philosophy & Economics, Nr. 1, 2002, S. 29 – 58, hier S. 44.
  7. Beitz, Political Theory and International Relations, S. 144f.
  8. Haller, Lea, Rohstoffhandel: Wie die Schweiz zur Drehscheibe wurde, in: Die Volkswirtschaft. Plattform für Wirtschaftspolitik, 28.05.2021, https://dievolkswirtschaft.ch/de/2021/05/rohstoffhandel-wie-die-schweiz-zur-drehscheibe-wurde/
  9. Die Schweiz und der Rohstoffhandel. Was wissen wir? Bilanz und Ausblick, in: Swiss Academies Factsheets, Bd. 11, Nr. 1, 2016.
  10. Was die Schweiz mit dem Rohstoff-Fluch zu tun hat, in: Public Eye, https://www.publiceye.ch/de/themen/rohstoffhandel/schweiz, Die Rohstoff-Drehscheibe Schweiz, in: Public Eye, https://www.publiceye.ch/de/themen/rohstoffhandel/schweiz/rohstoff-drehscheibe
  11. Neuhaus, Gabriela, Wenn Reichtum Armut schafft, in: Eine Welt, Nr. 2, 2013, 28 – 30, hier S. 39.
  12. Beitz, Political Theory and International Relations, S. 147.
  13. Pogge, Moral Universalism, S. 44., S. 46.
  14. Pogge, World Poverty, S. 201.
  15. Pinheiro, João, Relational Foundations for Global Egalitarianism and Cosmopolitan Inclusion, in: International Journal of Philosophy and Social Values, Bd. 3, Nr. 1, S 13 – 34, hier S. 21 - 23.
  16. Beitz, Political Theory and International Relations, S. 33.
  17. Beitz, Political Theory and International Relations, S. 154.
  18. Pogge, Moral Universalism, S. 29f.
  19. Beitz, Political Theory and International Relations, S. 154.
  20. Pepper, Angie, Beyond Anthropocentrism: Cosmopolitanism and Nonhuman Animals, in: Global Justice: Theory and Practice Rhetoric, Bd. 9, Nr. 2, 2016, S. 114 – 133, hier S. 116.
  21. Valentini, Laura, Canine Justice: An Associative Account, in: Political Studies, 2013, S. 1 – 16, hier S. 3.
  22. Pepper, Beyond Anthropocentrism, S. 120.
  23. Beitz, Political Theory and International Relations, S. 154.
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